Stellen Sie sich vor, Sie stehen vor einer geschlossenen Tür und ihr Daumen beginnt zu zucken, in dem Versuch die Space-Taste zu drücken. Warum Sie das tun? Weil sich in ihrem Lieblingscomputerspiel geschlossene Türen nun einmal durch Druck auf die Space-Taste öffnen lassen. Was Sie hier gerade erleben ist ein Game Transfer Phenomena (GTP).
Das Phänomen beschreibt den Einfluss, den Computerspiele auf die Wahrnehmung der SpielerInnen in ihrem Alltag haben. Forscher der Nottingham Trent University haben bestätigt, dass es tatsächlich vorkommen kann, dass Menschen versuchen, alltägliche Probleme mit Handlungsweisen zu bewältigen, die sie in Computerspielen als erfolgreich erlebt haben. In der Studie der Forscher wird auch von akustischen und optischen Halluzinationen berichtet. Ersteres ist als ‚Ohrwurm‘ bekannt und letzteres kann hier im Selbstversuch getestet werden.
Ein weiteres GTP ist das automatisierte Denken: eine reale Situation wird wie eine Spielsituation bewertet. Ein Spieler berichtet, dass er nach stundenlangem Assassin’s Creed spielen bei einem Spaziergang angefangen hat, an Gebäuden nach Möglichkeiten zu suchen, um an diesen hinaufzuklettern – ein wesentliches Spielelement von Assassin’s Creed. Für einen Sekundenbruchteil verschmilzt die Realität mit dem virtuellen Raum des Spieles.
Wichtig ist die Feststellung, dass von GTP Betroffene schnell merken, dass es hier zu einer Verlagerung von Spielerfahrungen in den Alltag kommt: Sie können durchaus zwischen Realität und Spiel unterscheiden. Die Entscheidung, Spielprinzipien längerfristig in der Realität umzusetzen, ist somit ein bewusster Akt. Ein Argument, das in der Diskussion über den Einfluss von Computerspielen, wesentlich ist und zwar unabhängig davon, ob die Effekte positiv oder negativ sind.
Die Forscher der Nottingham Trent University haben angekündigt dieses Phänomen näher untersuchen zu wollen. Vor allem sind die Auslöser von GTP interessant. Vielleicht liegt hier der Schlüssel verborgen, Lerninhalte aus Computerspielen nachhaltig in die Realität zu übertragen: Computerspielen wird zum Lernen. Ob Spiele positive Gegenstände vermitteln, wird dann die BuPP überprüfen.
Interessanter Artikel, der für mich weitere Fragen aufwirft!
Welche möglichen positiven Gegenstände könnten das sein? Ab welchem Alter wäre das sinnvoll? Würde das die herkömmlichen Lernmethoden unterstützen oder in den Hintergrund drängen? Wie könnte man sich eine Kombination davon vorstellen?
Herkömmliche Lernmethoden kann dies nicht ersetzen, aber GTP kann eventuell unterstützend wirken. Prinzipiell muss zur Implementierung von Computerspielen gesagt werden, dass sie professionell begleitet werden müssen. Menschen, gleich welchen Alters, brauchen einen gewissen Grad an Kompetenz im Umgang mit Medien, so auch mit Computerspielen: Medienpädagogik beschäftigt sich mit der Vermittlung dieser Kompetenz.
GTP ist im Grunde genommen eine reine Konditionierung: Ein Reiz (Impuls) löst im besten Fall eine gewünschte Reaktion aus. Anhänger der ‚Magic Circle‘ Theorie argumentieren, dass Lernerfahrungen in Computerspielen lediglich für das Spiel selber taugen. Allerdings lässt das GTP Gegenteiliges vermuten, obwohl hier die Auslöser im wirklichen Leben – bzw. die funktionierenden Konditionierungen im Spiel – noch nicht ganz klar sind. Wenn diese Frage geklärt ist, dann können Spieleentwickler gezielt Reize in Spielen einbauen, die dann auch in der Realität nachwirken.
Ein Beispiel wäre das Lernen für den Computerführerschein: ich trainiere am Computer auf bestimmte Situationen richtig zu reagieren – bzw. zumindest richtig zu denken – und bin damit für die Praxis gerüstet.
Zurzeit gibt es einen interessanten Versuch ein Computerspiel über erneuerbare Energien in den Physikunterricht einzubauen: http://www.playludwig.com (kann gratis heruntergeladen werden, funktioniert aber nur mit Windows).
Ob und wie es funktioniert soll nächstes Jahr bekannt gegeben werden.
Die Idee von Playludwig ist faszinierend, und könnte meiner Meinung nach tatsächlich den Unterricht unterstützen.Ich bin sowohl auf die Ergebnisse als auch die Umsetzung der neuen Themenbereiche gespannt.